Es ist soweit, der letzte Tag des Jahres ist da, der Laden fast ausgeräumt und alles, was darin stattgefunden hat, wirkt nunmehr fast wie ein Traum …
Über 18 Jahre… Da haben sich wirklich viele Geschichten angesammelt!
Damit ich selbst nicht zu traurig werde, hier nun ein paar Tops und Flops und Abenteuer:
1
Kurs, aber kein Schlüssel
Wer kann sich erinnern, als wir in Cronenberg waren, wir aber nicht rein kamen? Schlüssel nicht am vereinbarten Ort. Keine Handynummer. Niemand erreichbar.
PANIK! 14 Teilnehmerinnen, alle schon auf dem Weg nach Wuppertal und KEIN Raum!! … aber zum Glück (fast) gutes Wetter…
Also Nika im Laden anrufen, damit sie die Teilnehmerinnen anruft und „umleitet“ und Willi, unseren Vermieter, fragt, ob er seinen Transporter vom Hof bringen kann, gleichzeitig alle verfügbaren Tische und Stühle organisiert… und dann haben wir einen der besten Kurse einfach im Hof unter freiem Himmel gemacht…. Kurz nach Ende, als gerade alle eingepackt hatten, begann das, den ganzen Tag drohende, Gewitter…
(Auflösung: Der halbwüchsige Sohn der Raum-Vermieterin hat nach einer wilden Partynacht mein Klingeln morgens einfach überhört…)
Seitdem wünschte ich mir einen EIGENEN Kursraum!
2
Messebesuch in Frankfurt
Nach erfolgreichem Messeeinkauf am frühen Abend Blitzeis auf der Autobahn… LKW-Fahrer verkeilen ihre Wagen, ziehen die Vorhänge ihrer Fahrerkabine zu und „verschlafen“ das Unvermeidbare einfach… Autofahrer werden nach stundenlangem Stau/Stillstand von Polizei und THW mit Decken und Café versorgt. Meine Freundin und Beifahrerin geht immer auf „Nummer sicher“ und hatte ein perfekt gepacktes Picknikkörbchen dabei und es gibt einfach immer sooooviel zu erzählen… Ankunft daheim um 3:00 Uhr nachts…
3
Einbruch im Laden
Meine Ausstellung „Frühlingserwachen“ war schon perfekt aufgebaut, als Willi mich abends daheim anrief, weil das Atelierfenster einen Spalt offenstand, ebenso wie etliche Schrank-und Schubladentüren und „mir das so gar nicht ähnlich sähe“. Ich solle doch lieber mal vorbeikommen. Tatsächlich sind die Einbrecher in das hintere Atelierfenster, ja genau da, wo die kleinen Marmorfiguren, meine „Püppis“ stehen, eingestiegen. Sie sind auf Socken über den Schreibtisch geklettert und haben meine Wechselgeldkasse und den Schmuck aus der Vitrine geklaut (natürlich war ich nicht versichert, denn das mit dem Schmuck war nur eine spontane Idee. Das habe ich danach bleiben lassen… welche Kalligraphin braucht schon Schmuck in ihrem Sortiment?)
Dankbare Randnotiz: Es müssen Schöngeister gewesen sein, denn sie haben all meine „Goldenen Eier“ für die Ausstellung verschont und jede einzelne Püppi „gesichert“ und sorgsam auf Seite gestellt, so dass sie am Ende des Tages alle unversehrt eingesammelt und an ihren Platz zurückgestellt werden konnten.
Die Spurensicherung der Polizei hat zwar Fingerabdrücke gesammelt, aber die Täter nie gefasst. Später hörte man im Dörfchen, dass man tagsüber „zwielichtige Typen“ gesehen hätte…
4
Hochwasser im Dorf!
Der kleine Weiher oben im Park ist durch Starkregen übergelaufen, Wassermassen stürzen die Kirchtreppe hinunter, viele Keller sind vollgelaufen, Friseur und Blumenladen überschwemmt, aber wie durch ein Wunder bleiben wir verschont…
5
Im Dörfchen wird ein Film gedreht…
Das ganze Örtchen ist abgesperrt, überall steht technisches Gerät und unglaublich viele Helfer gehören zum Filmteam. Ohne den jungen Mann mit WalkyTalky vor unserer Tür zu fragen, dürfen wir nicht mal zum Postkasten… aber alle hatten gute Laune! Unser Dörfchen wird schließlich berühmt!
„Fliegen lernen“ mit Gesine Cukrowski, Christoph M. Orth, Horst Janson, Eva-Maria Hagen, und die Hauptdarstellerin kauft WO ein?? ;)) … genau!
6
Warum nicht nochmal bei einem Weihnachtsmarkt mitmachen?
Ich weiß nicht mehr, welches Jahr es war, als wir uns dazu entschlossen hatten… Auf jeden Fall mussten wir bei – 17 Grad abbrechen, weil der Schnee nahezu wagerecht in unsere Hütte schneite, die Schrift von den Papieren schmierte und der Lack von den guten „Engels“-Kerzen abgeplatzt ist! Ganz zu Schweigen davon, dass der Glühwein im Glas sofort eingefroren ist…
7
Bei BRIEF & SIEGEL ist öfter gefilmt worden. Reportagen über Kalligraphie und Vergoldung und es ist jedesmal total aufregend, fremd und unerwartet!
Ein Kameramann liegend auf meinem Schreibtisch, um den fliegenden Goldstaub einzufangen. Ein Reporterteam mit der Kamera beobachtend rings um den Kurstisch, um einzufangen, was die Teilnehmer schreiben, denken, fühlen…
Ich verkabelt mit Minimikrofon und mit Fragen bombardiert, die ich mir selbst nie gestellt habe… Fremde Blicke auf meine (mir so vertraute) Arbeit geben auch mir neue (Ein-) blicke…
8
LANDLUST
So viele schöne Beiträge in den schönsten Magazinen gab es, aber dieser eine in der LANDLUST 1/2012 hat alles überstrahlt. Am ersten Tag der Veröffentlichung gingen allein 140 Anfragen per Email ein…. Ein halbes Jahr haben wir täglich Päckchen zur Post getragen, Kurse waren aus-und überbucht, wir waren mehr als einmal überfordert und doch hocherfreut, wie unglaublich groß das Interesse an Kalligraphie ist! Bis heute kommen Leute, die sagen, dass sie „damals mal“ einen Artikel gelesen hätten, den sie bis heute verwahrt haben, weil sie „immer mal“ kommen wollten…
8
Die goldene Teekanne
Eine spektakuläre Lieferung aus Paris sollte Anfang März zum „Frühlingserwachen“ kommen: Wir hatten feinsten Tee in eleganten Chiffonbeutelchen bestellt und Zucker an zierlichen Stäbchen. Wir waren stolz wie sonstwas, so feine Dinge hatte Gräfrath noch nie gesehen… dachten wir… stimmte auch! Denn das Jahr schritt voran, doch nichts kam, auch nicht auf Nachfrage… Die Frühlingsausstellung war längst vorbei, der Sommer, Herbst und die Adventsausstellung auch, als endlich-endlich das ersehnte Paket kurz vor Weihnachten kam. Leider war nicht eines der bestellten Produkte dabei, dafür Weihnachtsmarmeladen, Tee in Schachteln und als Krönung eine GOLDENE Teekanne, die ein Vermögen kostete! Ich habe sie nie verkauft, sie steht bis heute bei mir Zuhause… viel zu edel um sie zu benutzen…
Es gibt noch sooo viel mehr Geschichten, aber heute ist der letzte Tag des Jahres!
Deshalb nur noch ein paar Erinnerungsfragmente:
… das Engel-Projekt, als ich mit Kamo einen Steinengel im Hof verbuddelt habe und Nika ihn schließlich nach zwei Jahren wieder ausgegraben hat….
… die Kurs-Reisen nach Weimar, nach Schwerte und in den Norden, Süden (wo ich mit meinem Landrover auf der Autobahn liegengeblieben bin…) und Osten des Landes.
… die Ausstellung im Schriftmuseum in Österreich
… Die Beschriftung und Vergoldung der Fassade
… das „Turmzimmer“ in Langenberg
… das SCRIPTORIUM in der alten Fabrik (und die Lesung!)
… etliche SALON-Abende
… unzählige Kurse
Es war schön, es war anstrengend und aufregend, inspirierend und abenteuerlich, es hat mich viel gelehrt und weitergebracht, mich dankbar und glücklich gemacht!
VON GANZEM HERZEN DANKE ICH ALLEN KURSTEILNEHMERINNEN, KUNDEN, HELFERN UND WEGBEGLEITER*INNEN!
Vor allem Nika, Sabine, Lotte und Lea für die Unterstützung, die diesen Ort mit ihrem Enthusiasmus erst ermöglicht haben! Dank an Helga für die Rettung der SALON-Abende! Und Willi, ohne dessen heiteren Gleichmut wir uns nicht so hätten entfalten können!
Ich wünsche Ihnen und Euch ein gutes, gelingendes und friedvolles neues Jahr!
Auf dass wir uns Wiedersehen zu neuen Abenteuern!!!
Mit Abschiedsschmerz und Aufbruchstimmung, Sabine