Archiv für den Monat: Januar 2019

GOETHE Inspirationen

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… als Klassiker und einer der vielseitigsten Geister der Neuzeit bietet
Goethe einen reichen Vorrat an Schriftwerken, Aphorismen und Gedichten.
Gerade auch für Künstler und Kreative, für Nachdenkliche und Suchende.
Zum Jahresanfang, beim Sortieren der Eindrücke der vergangenen Monate
und bei den Fragen an das kommende Jahr sind mir Dichterworte oft hilfreich.
Ich nehme Impulse wie den folgenden Satz gern als Stütze, um mir meiner
eigenen Gedanken und Gefühle klarer zu werden:

„Was man nicht liebt, kann man nicht machen.“

(aus einem Brief an Zelter)

Diese Feststellung trifft bei mir einen Nerv, eine lang gehegte Vermutung, und macht es mir einfacher, das eine oder andere Vorhaben von meiner Liste zu streichen (leider lässt sich nicht alles unliebsame streichen…).
Die Frage nach dem, was ich liebe, ist leicht zu beantworten:
Den Duft von japanischer Reibetusche, von Lein- und Nelkenöl. Ich liebe die glitzernden Stäubchen beim Abpinseln der Vergoldungsarbeiten, die Spuren glänzend cremiger Kreise beim Anmischen von Gesso mit dem Glasläufer, die Schwünge der Copperplate, wenn sie gelingen und meine Hand den Weg durch die Schlaufen wie von selber findet, oder die glatte Oberfläche neuer Aquarellnäpfchen beim Auswickeln aus der Folie… Eine Liste, die sich endlos fortsetzen ließe.
Kurz, ich liebe die Atelieratmosphäre mit all den sinnlichen Reizen, den Düften und schönen Materialien… es geht aber ums MACHEN!

Neben den eigenen Vorstellungen, der Phantasie und den Seelenbildern ist der Schaffensprozess meist ein Parcours durch Zweifel und Mutlosigkeiten, die gestärkt werden müssen mit Tatkraft, Beharrlichkeit, Mut und Geduld.
Die Qualität der „eigenen Handschrift“ zu entwickeln bedeutet auch, die handwerklichen Fertigkeiten zu vertiefen und herauszufinden, was man wirklich tun möchte; ein Suchen und Forschen, ein Aussortieren von Unbrauchbarem, dafür ein Anhäufen von förderlichen Impulsen — eben von dem, was man liebt.
Wenn man einer Art „Ruf“ folgt, also dem, was einen anzieht und fasziniert (unabhängig von dem Empfinden anderer), und sich umgibt mit den Dingen, die die inneren Bilder beleben, findet man vielleicht auch einen besseren Zugang zu sich selbst.

Gelungen ist eine künstlerische Arbeit, die weder bemüht noch manieriert wirkt, sondern wo Handwerk, Liebe und Philosophie scheinbar selbstverständlich ineinanderfließen. Das ist es letztlich, was berührt und Schönheit, so facettenreich sie auch sein mag, sinnlich erfahrbar macht.

Zum Schluss noch einmal Goethe, der große Liebhaber
der klassischen Schönheit
(aus Wilhelm Meisters Lehrjahre)

»Der Mensch ist so geneigt, sich mit dem Gemeinsten abzugeben, Geist
und Sinne stumpfen sich so leicht gegen die Eindrücke des Schönen und
Vollkommenen ab, daß man die Fähigkeit, es zu empfinden, bei sich auf
alle Weise erhalten sollte. Denn einen solchen Genuß kann niemand ganz
entbehren, und nur die Ungewohntheit, etwas Gutes zu genießen, ist
Ursache, daß viele Menschen schon am Albernen und Abgeschmackten,
wenn es nur neu ist, Vergnügen finden. Man sollte«, sagte er, »alle Tage
wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches
Gemälde sehen und, wenn es möglich zu machen wäre, einige vernünftige
Worte sprechen.«