Die Liebe zur Arbeit – oder: Was wir vom Gärtnern lernen können

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Ich hatte neulich das besondere Vergnügen, zu einem Rundgang durch einen der schönsten Gärten, die ich kenne, eingeladen zu werden.
Das Wetter war durchwachsen, aber die Stimmung der anderen
Gartenbesucher gut gelaunt, charmant und anregend. Während der fachkundigen Führung des Gartenarchitekten und Besitzers Peter Janke durch seinen bezaubernden HORTVS (in dieser alten Schreibweise) habe ich viel mehr gesehen und gehört, als wenn ich dort allein entlanggeschlendert wäre. Er hat uns auf Blickachsen, auf Blattformen und -farben und auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Pflanzen, was Bodenqualität und Lichtbedingungen betrifft, aufmerksam gemacht. Dazu die Wirkung des Gartens zu verschiedenen Jahreszeiten; er hat von der Pracht kahler, aber rot, gelb und weiß gefärbter Äste geschwärmt. Damit hat er ein kreisrundes Flammenmeer für den sonst eher kargen Winter „gemalt“. Es gab romantische Wiesenflächen und verwunschene Waldbereiche. Dazu sind poetisch kraftvolle Metallskulpturen im Garten positioniert, die ihre ganz eigenen Geschichten erzählen…

Aber ganz besonders beeindruckt hat mich die Geschichte des Bodens.
Dass nämlich zu Vorzeiten hier (in Hilden) der Rhein zeitweise sein Bett
hatte, „er mäanderte durch die Landschaft“ und hinterließ so seine Spuren.
Sand und Sumpf zum Beispiel, um nur zwei der sehr unterschiedlichen
Bodenbeschaffenheiten zu nennen.
Wie ein Fährtenleser muss nun der Gärtner sie deuten, um die richtigen
Entscheidungen bei der Wahl seiner Pflanzen für die verschiedenen
Bedingungen zu treffen.
Ich dachte immer, Gärtnern ist eher ein Hoffen auf Wachstum, ein
Ausgerichtetsein auf die Zukunft. Aber wie hier die jahrtausendealten
Spuren im Erdboden mit dem schöpferischen menschlichen Geist
zusammenfallen, hat mich beschäftigt.
Denn seine Gartengestaltungen waren überall unaufgeregt und im Einklang
mit der Umgebung, die natürlichen Gegebenheiten respektierend
(z.B. das vielbefahrene Hildener Autobahnkreuz in Hörweite).
Dieser Garten war nicht wie ein romantisierendes UFO aus der Vergangen-
heit hier gelandet, sondern pragmatisch, kraftvoll und künstlerisch zugleich.

Gärtnern draußen mit der Natur ist natürlich etwas gänzlich anderes als
die inwendige und gedankenvolle Stille der Kalligraphie, und doch…
auch hier spielt – zumindest die kulturelle – Vergangenheit eine große Rolle.
Sie ist die (oft unsichtbare) Basis, auf der kreatives Wachstum und
Kommunikation erst möglich werden. Sie bewahrt unser lebendiges
Erbe, auf das wir keinen Einfluss hatten, das uns einfach von unseren
Ahnen geschenkt wurde…
Wenn wir Kenntnis von unseren kulturellen Wurzeln haben, wenn wir
sie anerkennen und lieben, können wir aus diesem Reichtum schöpfen.
Dann werden unsere Arbeiten weder verkrampft, noch unsicher oder
maniriert wirken, sondern eine lebendige Frische und gleichzeitig
Substanz ausstrahlen.
UND: Wir können unserer Phantasie dabei freien Lauf lassen,
sie weiter entwickeln und gelegentlich zum Blühen bringen!

Danke Marion für diesen schönen Nachmittag!

Wer Lust hat, den Garten (mit Staudenverkauf) zu besichtigen:

https://www.peter-janke-gartenkonzepte.de/de/

Das Foto ist leider nicht aus diesem Garten (hatte die Kamera vergessen) sondern aus meinem eigenen.